| Juli 2004: |
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In Mannheim befindet sich sozusagen die Wiege des Schiller-Instituts. Es geht zurück auf eine Idee, die aus dem Diskussionsprozeß eines Mannheimer Symposiums hervorging. Die Gründerin und Präsidentin des Schiller-Institutes schildert, wie die Idee zu einer weltweiten politisch-kulturellen Vereinigung auf der Grundlage der Gedanken Friedrich Schillers entstand und wie sie verwirklicht wurde. Wir bringen Auszüge einer Rede der BüSo-Bundesvorsitzenden Helga Zepp-LaRouche über dieses sehr erfolgreiche Symposium.
Hier sehen Sie die Einladung, die zu tausenden als Promo verteilt wurde. Beachten Sie hierzu auch den Artikel zum Gedenken an Will Quadflieg.
"Lebe mit deinem Jahrhundert, aber sei nicht sein Geschöpf;
leiste deinen Zeitgenossen, aber was sie bedürfen, nicht was sie loben."
- Friedrich Schiller
(...) Aber nicht nur in den USA verschlechterte sich die Kultur der Bevölkerung. Wenn die "Happenings" eines Hans Neuenfels mit seinen Aufrufen, die eigene Großmutter zu erschlagen und den Trierer Dom abzureißen, 1968 immerhin noch den dubiosen Ruhm für sich in Anspruch nehmen konnten, wenigstens "originell" zu sein, so war das "Regietheater" in den 70er Jahren in all seinen Varianten letztlich doch immer nur die Variation eines Themas: Die Schauspieler mußten möglichst nackt auf der Bühne agieren, sich in möglichst obszönen Bewegungen demonstrieren, oder die Inszenierung mußte willkürliche Zeitbezüge des Regisseurs widerspiegeln. Als das gleiche langweilige Muster 1980 auf die Mannheimer Schiller-Tage angewandt wurde, schlug ich vor, die besten Schauspieler und Schiller-Kenner aus dem ganzen deutschsprachigen Raum, die der klassischen Tradition Schillers verpflichtet waren, für die Idee einer Renaissance der Schillerschen Ideen zu gewinnen und in Mannheim unser eigenes Schiller-Festival zu organisieren.
Zunächst suchte ich Benno von Wiese - zweifellos einer der besten Schiller-Experten - in seinem Bonner Haus auf, um ihn für das Projekt zu gewinnen. Von Wiese war ein Mann von hoher intellektueller Integrität, der Schiller weit und hoch über dem damals herrschenden Zeitgeist angesiedelt sah und deshalb für die Idee einer kulturellen Gegenoffensive leicht zu gewinnen war. Unser Gespräch verlief sehr positiv - bis sich plötzlich seine Miene verfinsterte, er nahezu unwirsch wurde und ich mir bereits Gedanken machte, was seinen Ärger erregt haben könnte. Das Rätsel löste sich jedoch bald auf: Seine Frau brachte ihm seine Mittagsmahlzeit, nach deren Verzehr er wieder der freundliche, intellektuell brillante Literaturpapst wurde, der froh war, eine junge Frau zu Besuch zu haben, die sich so leidenschaftlich für Schillers Ideen einsetzte: von Wiese litt an Diabetes.
Auf dem Mannheimer Symposium hielt er dann eine aufrüttelnde Rede und forderte das Publikum mit der Frage heraus, es gehe nicht darum, ob Schiller in der heutigen Zeit noch aktuell sei, sondern darum, ob und wie wir heute vor Schiller bestehen können.
Mein nächster Besuch führte mich nach Bad Hersfeld, wo Will Quadflieg bei den sommerlichen Festspielen auftrat. Wir trafen uns zunächst in einem Café, wo ich ihm die Perspektive unterbreitete, in Deutschland wirklich wieder den Geist der Klassik zu erwecken und Schillers Werk vor allem für junge Leute lebendig zu machen. Quadflieg war ein wirklicher Künstler, er hatte ein wirkliches lyrisches Verständnis, und im Nu bestiegen wir Pegasus, das Flügelpferd, und "entschwanden zu den blauen Höhen..." - Nein, natürlich nicht, ich will damit nur sagen, daß ich mit Will Quadflieg eine der anregendsten Diskussionen meines Lebens über Gedichte und die Bedeutung der klassischen Kultur führen konnte. Das Begeisternde war, daß man ihn ganz mitreißen konnte, daß man im Gespräch mit ihm jenen Zauber der Poesie erschaffen konnte, der Berge versetzen kann, daß er sowohl die prometheische Kühnheit als auch die zartesten Regungen der Seele empfinden konnte. Seine Rezitation von Schillers Werken und Gedichten in Mannheim war so machtvoll, daß das Publikum wie angegossen auf den Sitzen saß. Schiller war zugegen an diesem Abend.
Das Symposium wurde ein voller Erfolg, andere Schiller-Freunde und Experten, wie Peter Otten, Norbert Oellers, Wolfgang Wittkowski u.a. rezitierten und debattierten so leidenschaftlich über Schiller, daß eine empörte Teilnehmerin aus dem Publikum schließlich fragte: "Wie können Sie es wagen, dieses Symposium abzuhalten, ohne Walter Jens einzuladen?" Auf jeden Fall hatten wir zumindest für dieses Jahr die intellektuelle Hegemonie in Deutschland erobert, was die Frage der Bedeutung Schillers für heute anging. (...)
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