Februar 2007:

Die Schwarz-Grünen kommen!

Nachdem die SPD schon lange auf den Ökotrip gegangen ist, wollen nun auch die beiden christdemokratischen Parteien ihre Parteiprogramme auf eine ökologische Basis stellen. Damit verteidigt nur noch die BüSo die industrielle Existenzgrundlage.

Merkels Utopie
Das "konservative" Lager unter der Lupe:
Es ist chic mitzumischen; leider schon wieder auf der falschen Seite! - Ob bei der sogenannten "Terrorismus-Bekämpfung", beim Verheizen von Nahrungsmitteln, während die Hälfte der Menschheit hungert oder bei der planmäßigen Senkung des technologischen Niveaus und somit der materiellen Lebensgrundlagen der Menschheit - man schlägt zunehmend faschistoide, bzw. ökofaschistische Töne an. Die Fäden laufen zusammen bei Energiespekulanten, Neokonservativen und bei den Finanzeliten. Rainer Apel hat die Entwicklung im folgenden dokumentiert.


Als Angela Merkel in ihrer Rede auf der Münchner Internationalen Sicherheitskonferenz am 10. Februar die „globale Erwärmung“ als eine weitere neue strategische Bedrohung neben dem islamischen Terrorismus darstellte, wurde noch einmal deutlich, daß das Thema „Klima“ ins Zentrum der Politik des deutschen Vorsitzes in der EU und bei der G8 gerückt ist. Bei zwei weiteren Gelegenheiten - in einer Rede vor dem Europaparlament in Straßburg am 13. Februar und bei einem Zusammentreffen mit dem englischen Premierminister Tony Blair in Berlin am Tag darauf - bezeichnete die Bundeskanzlerin die Senkung der CO2-Werte als wesentliche Herausforderung für die Politik; sie kündigte sogar an, dem Klimaschutz auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm im Juni zum Durchbruch zu verhelfen. Bereits Mitte Januar hatte Angela Merkel im Deutschlandfunk getönt: „Wir werden eine neue Generation von Biokraftstoffen bekommen.“

Das ist nun keine Einzelmarotte der Bundeskanzlerin: Die beiden christdemokratischen Parteien sind gerade eben dabei, ihre Parteiprogramme auf Ökologie umzuschreiben. Dabei überrascht es nicht, wenn ausgesprochene Neokonservative voranmarschieren - ist es doch in den USA genauso. In Berlin machte sich der Friedbert Pflüger in einem am 9. Februar vom Tagesspiegel wiedergegebenen Interview für Solarenergie stark und forderte die CDU auf, sich stärker für erneuerbare Energien insgesamt einzusetzen. 1997 hätte Berlin noch gute Aussichten gehabt, „deutsche Solarhauptstadt“ zu werden mit einer Produktion von zehn Megawatt Solarstrom zur Jahrtausendwende. Heute, sieben Jahre später, kämen gerade einmal sechs Megawatt zusammen, klagte Pflüger und erteilte der Atomkraft gleichzeitig eine grundsätzliche Absage, denn sie sei eine „vom Menschen nicht beherrschbare Übergangsenergie“.

Nun, Pflügers Vorschläge werden jetzt ebenso in die neue Klimaschutz-Kommission der CDU einfließen wie jene von Hamburgs CDU-Oberbürgermeister Ole von Beust. Der bekannte in Zeitungsinterviews (z.B. am 15. Januar im Hamburger Abendblatt und am 19. Januar in der Welt): „Mein Problembewußtsein zum Thema Klimaschutz hat im Laufe des letzten Jahres enorm zugenommen. Dazu beigetragen haben das Buch von Al Gore Eine unbequeme Wahrheit und der Film, den es dazu gibt.“ Das Ziel der Politik müsse es sein, schnell etwas gegen die globale Erwärmung zu tun, „um das Schlimmste zu verhindern.“ Was die Atomkraft anbelange, so forderte der Hamburger eine Verlängerung der Laufzeit für Kraftwerke, „allerdings mit der Auflage, die Gewinne zu nutzen, um im Klimaschutz voranzukommen. Das Geld müßte für eine bessere Forschung und breitere Anwendung regenerativer Energie eingesetzt werden.“

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist, wie andere CDU-Größen auch, besonders von den teils drastischen Dekreten des kalifornischen Gouverneurs Arnold Schwarzenegger zur Umweltpolitik (erhöhte Steuern für Fahrzeuge mit besonders hohem Benzinverbrauch usw.) beeindruckt. Aufschlußreich ist hier, daß der Neocon Arnie sich wiederholt von niemand anderem beraten ließ als von Hermann Scheer, dem sozialdemokratischen und erzgrünen Chef von Euro-Solar, dem europäischen Zusammenschluß der Solarunternehmen ist.

Da könnte ja Scheer die CDU gleich direkt beraten, nicht erst über kalifornische Umwege. Vor allem könnte er noch einmal sein bereits vor mehreren Jahren entworfenes Biomasse-Arbeitsbeschaffungsprogramm vorstellen. Darin hatte Scheer behauptet, mehr als 600.000 Arbeitsplätze in der ökologischen Landwirtschaft schaffen zu können, und dem ganzen Hokuspokus gab er sogar noch den irreführenden Titel „neuer grüner New Deal.“ Die Große Depression von 1929-1933 habe dann unter Roosevelt zu Arbeitsbeschaffung im alten Stil, mit Betonung der Industrie, geführt, eben zum New Deal; heute brauche man ein groß angelegtes Programm zur Erzeugung von Biomasse, schrieb Scheer damals.

Aber obwohl die CDU mit ihren Bundestagsabgeordneten Herbert Gruhl und Wolfram Köhler bereits Mitte der 70er Jahre vehemente Vertreter des Club of Rome hatte und Gruhls Panik-Buch Ein Planet wird geplündert bei Wahlveranstaltungen massenhaft anbot, war sie vor einigen Jahren noch nicht ganz soweit, auf Scheer zu hören.

Das ist jetzt offenbar anders, wie man Äußerungen des CSU-Generalsekretärs Markus Söder entnehmen kann. Der sah Mitte Februar seine Partei „auf dem Weg zu einer ökologischen Partei“, die vor allem mit Blick auf Jungwähler Themen wie Klimaschutz und Verbot von Gentechnik ins Zentrum rücken müsse. Man solle das Umweltministerium in Ministerium für Klimaschutz umbenennen, regte Söder an und sagte dann anders als andere Christdemokraten ganz offen, worum es bei der ganzen Debatte eigentlich geht: „Mit Umweltschutz kann die bayerische Wirtschaft auf Dauer viel Geld verdienen.“ Es fällt in der Tat auf, daß gewisse Heuschreckenfonds dieser Tage enorm viel Geld in Unternehmen der Wind- und Solarkraft, in Hersteller von Biokraftstoffen und dergleichen stecken - mit hohen Gewinnerwartungen, oder besser gesagt Versprechungen hoher Gewinne.

Das ist freie Marktwirtschaft im extremen Stadium, Spekulation in großem Umfange. Die CDU folgt hier dem Trend und will fordern, daß der Anteil der alternativen Energien an der nationalen Gesamtenergiebilanz bis 2020 auf 35 Prozent wächst - damit überholt sie sogar noch die Grünen. Es paßt auch ins Bild, daß die umweltpolitische Sprecherin der CDU im Bundestag, Marie-Luise Dött, auch im Förderverein Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (ISNM) sitzt, jener berüchtigten neokonservativen Lobby, die unter dem Decknamen der „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“ den Abbau des Sozialstaats propagiert.

Nun, wenn die CDU und CSU fest entschlossen sind, das schon heute stark ökologisierte Parteienestablishment endgültig zu vergrünen, werden die politischen Fronten klarer, und alle Wähler (und das dürften etliche sein), die diesen antiindustriellen Unsinn nicht mitmachen wollen, können sich endlich dazu entschließen, der BüSo als der einzigen proindustriellen Partei ihre Stimme zu geben.


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