August 2003:
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Wem nützte ein "neuer 11. September"?

Mit den Anschlägen in Washington und New York vor zwei Jahren wurde die amerikanische Politik radikal verändert. Es gibt Hinweise, daß angesichts der zunehmenden Rücktrittsforderungen gegenüber Vizepräsident Cheney, des Fiaskos im Irak und einer dramatischen Verschärfung der Wirtschaftskrise, "synarchistische" Kreise hinter Cheney einen neuen terroristischen "Paukenschlag" planen könnten.

Das Gespenst hinter Arnie


Die Motivation der amerikanischen Truppen, die Arnold Schwarzenegger im Irak vornehmen sollte, scheint nicht so recht gegriffen zu haben. Das Gegenteil ist denkbar: Die Soldaten merken jetzt erst recht, daß sie die Leidtragenden des utopischen Spektakels sind, das ihnen der "ur-österreichische Hollywoodkrämer" verkaufen sollte - was die Dynamik hin zu einem "neuen 11. September" zusätzlich anheizt.

Am 28. Juli erklärte Lyndon LaRouche, es sei zu befürchten, daß US-Vizepräsident Dick Cheney und die von ihm geführte neokonservative "Junta" versuchen könnten, in den kommenden Wochen einen schweren terroristischen Anschlag in Szene zu setzen. Der Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Demokratischen Partei 2004 sagte, Cheney könne in einem "neuen 11. September" die Möglichkeit sehen, seinen eigenen politischen Kopf zu retten, da sich wegen seiner eklatanten Irreführung des Kongresses und der Bevölkerung im Vorfeld des Irakkrieges der Ruf nach seinem Rücktritt stetig verstärkt - auch wenn sich gegenwärtig Präsident Bush noch schützend vor Cheney stellt. Da Cheney der Hauptkriegstreiber war, fällt natürlich auch die katastrophale Lage im Nachkriegsirak voll auf ihn zurück. Hinzu komme, so LaRouche, daß sich für die nächsten Wochen eine dramatische Zuspitzung der Wirtschafts- und Finanzkrise in den Vereinigten Staaten und international abzeichne (siehe dazu Artikel in dieser Ausgabe).

Mit der Inszenierung eines neuen, großen Terroranschlags könnten die "Cheney-Junta" und die hinter ihr stehenden "synarchistischen" Kräfte beabsichtigen, ähnlich wie nach dem 11. September 2001, eine radikale Veränderung der amerikanischen Politik und des psycho-politischen Zustands der amerikanischen Bevölkerung zu bewirken. Ihr Ziel wäre, warnte LaRouche, neue imperiale Kriege, beispielsweise gegen Nordkorea, Syrien oder den Iran, zu führen und extreme wirtschafts- und sozialpolitische "Notstandsmaßnahmen" durchzusetzen - vergleichbar dem, was Hjalmar Schacht ab 1933 in Nazi-Deutschland tat. Er wisse, sagte LaRouche, daß seine Sorge über eine solche Inszenierung eines Terroranschlages mit der erwähnten Zielsetzung in amerikanischen und israelischen Geheimdienstkreisen geteilt werde.

Cheney: Neue Terrorangriffe stehen bevor

Vier Tage vor LaRouches Warnung hatte Cheney nach längerer Enthaltsamkeit von öffentlichen Auftritten eine Rede vor dem neokonservativen "American Enterprise Institute" gehalten. Leitmotiv war die fortwährende Gefahr terroristischer Angriffe auf Amerika. Der "Krieg gegen den Terrorismus" dauere nun schon 22 Monate, sagte Cheney am 24. Juli in Washington, und bis dieser Anti-Terrorkrieg gewonnen sei, könne noch viel Zeit vergehen. Die Vereinigten Staaten seien zu einem "Schlachtfeld" im Krieg gegen den Terrorismus geworden.

Der 11. September 2001, erklärte Cheney, gebe "lediglich eine Vorahnung von der Gewalt, die die Terroristen bereit sind, gegen dieses Land [die USA] anzuwenden. Sie wollen so viele Amerikaner wie möglich töten - mit den zerstörerischsten Waffen, die sie in ihre Hände bringen können. Unschuldige sind ihre Ziele, um Chaos und Furcht zu verbreiten und unsere nationale Entschlossenheit zu erschüttern... Immer noch finden die lockeren und dezentralisierten Netzwerke des Terrorismus Rekruten und planen Angriffe." Dann folgte Cheneys wirkliche Botschaft: "Die Terroristen beabsichtigen, erneut gegen Amerika loszuschlagen."

Das gleiche vom Amt für Heimatverteidigung

Fünf Tage nach dieser Rede Cheneys und einen Tag nach LaRouches Warnung vor einem von der Cheney-Junta inszenierten "neuen 11. September" veröffentlichte das "Ministerium für Heimatverteidigung" in Washington eine dramatische Terrorwarnung. Am 29. Juli erklärte dieses Ministerium, das nach dem 11. September 2001 eingerichtet wurde, das Al-Qaida-Terrornetzwerk plane "im Spätsommer Angriffe", wobei mit ähnlichen Einsatzmethoden wie am 11. September 2001 gerechnet werden müsse. Angriffsziel sei möglicherweise "die Ostküste der Vereinigten Staaten, wegen der relativ hohen Konzentration von Regierungs-, Militär und Wirtschaftszielen". Aber auch Großbritannien, Italien und Australien seien mögliche Ziele.

Weiter heißt es in dem amerikanischen Regierungsdokument: "Al-Qaida-Planer betrachten hauptsächlich Selbstmord-Entführungen und Sprengstoffexplosionen als die wirksamste Methode, um Flugzeuge während des Fluges zu zerstören bzw. um Bodenziele zu zerstören." Das Ministerium für Heimatverteidigung geht weiter ins Detail: "Die Planungen könnten den Einsatz von Fünf-Mann-Teams vorsehen, die versuchen würden, Zivilflugzeuge in ihre Kontrolle zu bringen. Dies könnte nach dem Start oder vor der Landung geschehen, da auf diese Weise die Notwendigkeit von flugerfahrenen Entführern entfiele... Die Flugzeugentführer könnten versuchen, übliche Gegenstände von Reisenden, wie Kameras, als präparierte Waffen einzusetzen... Die Flugzeugentführer könnten versuchen, die Passagiere zu beruhigen, indem sie den Eindruck erwecken, daß sie Opfer einer Entführungs-, nicht einer Selbstmordoperation sind." Als Quelle dieser hochdramatischen Warnungen wurden "Geheimdienstinformationen" genannt.

Das "Terror-Wettbüro" des Pentagon

Parallel zu Cheneys "Voraussage" bevorstehender, neuer Terroranschläge gegen die Vereinigten Staaten und der Terrorwarnung des Ministeriums für Heimatverteidigung wurde auch das von Donald Rumsfeld und Paul Wolfowitz - den vielleicht engsten Kumpanen Cheneys - geführte Pentagon an der "Terrorfront" aktiv. Der Beitrag des Pentagon war besonders skurril, aber es trug seinen Teil zur "psychologischen Einstimmung" auf einen bevorstehenden neuen, großen Terroranschlag bei.

Der aus den Tagen des "Iran-Contra"-Skandals berühmt-berüchtigte Ex-Admiral John Poindexter war von Rumsfeld mit der Leitung eines "Büros für Informationsbearbeitung" im Pentagon betraut worden.

Poindexters seltsames Büro entwickelte nun in Zusammenarbeit mit der ebenfalls hauseigenen "Agentur für Fortgeschrittene Verteidigungsprojekte" (DARPA) und zwei Privatfirmen den Plan, in diesem Sommer eine elektronische Börse für Terminkontrakte zu eröffnen. Investoren sollten - wie bei einer Derivatbörse - Finanz-"Wetten" über künftige Ereignisse abschließen können. Aber den Wetten wären nicht Spekulationen auf künftige Aktien-, Anleihen- oder Wechselkurse zugrundegelegt worden, sondern künftige Terroranschläge, Attentate oder Regierungsumstürze. Ein DARPA-Sprecher erklärte ganz im Ernst, Terminkontrakte seien sehr effiziente Mittel, um künftige Entwicklungen zu prognostizieren, was nicht zuletzt die Finanzspekulationen vor dem 11. September gezeigt hätten.

Nach einem Proteststurm im US-Kongreß, mußte das Pentagon allerdings am 29. Juli sein geplantes "Terror-Wettbüro" zu den Akten legen. Die Dreistigkeit des Projekts erlaubt aber einen guten Einblick in die Mentalität der politischen Führungsriege im Pentagon.

Cheneys "Entlastungsoffensive" in eigener Sache

Am 23. Juli wurden in Washington vor allen wichtigen Regierungsgebäuden mehrere zehntausend Flugblätter der LaRouche-Kampagne verteilt, in denen Cheneys sofortiger Rücktritt gefordert und seine ein Amtsenthebungsverfahren rechtfertigenden Lügen detailliert dargestellt wurden. Cheneys Rede am Tag danach vor dem neokonservativen "American Enterprise Institute" mit seiner Beschwörung des "Krieges gegen den Terrorismus" und seiner Prophezeiung eines neuen, großen Terrorangriffs zeigt unmißverständlich, daß es ihm zu allererst darum geht, seinen Kopf aus der politischen Schlinge zu ziehen, die sich immer mehr zuzuziehen droht.

Nachdem er in den letzten Wochen wegen der Lügengeschichte über "irakische Urankäufe in Niger" und der nicht auffindbaren "irakischen Massenvernichtungswaffen" immer stärker unter Druck geraten war - und dazu konsequent geschwiegen hatte - , wies Cheney nun kategorisch die Vorwürfe über das "Frisieren" von Geheimdienstmaterial bezüglich des angeblichen irakischen Atomprogramms zurück: Erstens behauptete er wahrheitswidrig, die US-Dienste selbst hätten Saddam Husseins baldige Verfügbarkeit über Atomwaffen zweifelsfrei konstatiert, und zweitens schob er alle Verantwortung auf Präsident Bush ab, dessen Beurteilungen und Entscheidungen allein ausschlaggebend gewesen seien.

Cheney verurteilte all jene als "unverantwortlich", die nun bezüglich der "Befreiung des Irak... Zweifel ausstreuen". Über die katastrophale Lage im Irak und die täglichen Verluste der dort eingesetzten amerikanischen Truppen verlor Cheney kein Wort. Auch daß keine irakischen "Massenvernichtungswaffen" gefunden wurden, war kein Thema. Statt dessen präsentierte Cheney den Irakkrieg nun als "Krieg gegen den Terrorismus". Er sagte, der Irak unter Saddam sei ein "fruchtbarer Nährboden des Terrorismus" gewesen - obgleich es keinerlei Belege für eine Zusammenarbeit des Saddam-Regimes mit Al-Qaida-Terroristen gab und gibt. Auch jetzt, so Cheney, seien im Irak "ausländische Terroristen" am Werk, deren Ausmerzung ein wichtiger Beitrag zum "Sieg im Krieg gegen den Terrorismus" sei.

Cheneys neue Sprachregelung - "Irakkrieg (und Okkupation) gleich Krieg gegen den Terrorismus" - wurde umgehend von Paul Wolfowitz aufgegriffen. Vor dem Außenpolitischen Ausschuß des Senats erklärte Wolfowitz am 29. Juli: "Die gegenwärtig laufenden militärischen und Rekonstruktionsaktivitäten sind eine entscheidende Front im Krieg gegen den Terrorismus... Die Friedenssicherung im Irak ist jetzt die zentrale Schlacht im Krieg gegen den Terrorismus."

Es mag im Moment so aussehen, als zeitige die "Entlastungsoffensive", mit der Cheney sein politisches Überleben sichern will, gewisse Erfolge für ihn. CIA-Chef Tenet, Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und sogar Präsident Bush selbst haben für die Lügengeschichten über "irakische Atomwaffen" (und andere fiktive Massenvernichtungswaffen) die politische Verantwortung übernommen, während der Hauptverantwortliche für diese Lügen versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen. Aber früher oder später werden George W. Bushs politische Berater nicht an der Erkenntnis vorbeikommen, daß sie Cheney fallenlassen müssen. Cheneys zynische "Prophezeiung" neuer Mega-Anschläge wie am 11. September sollte diesen Erkenntnisprozess befördern. Tun sie das nicht und lassen Cheney ungeschoren, dann sind, wie LaRouche sagte, die Wiederwahlchancen des Präsidenten für 2004 so groß wie die Wahrscheinlichkeit, daß im Irak Atomwaffen gefunden werden.

Ein Zeichen der Zeit ist ein Kommentar im Waco Tribune-Herald, der Zeitung in Bushs texanischem Heimatort Crawford. Am 29. Juli war darin zu lesen: "Vizepräsident Dick Cheney sollte zurücktreten... Wenn Leute, die den Präsidenten - und uns - über Bedrohungen der nationalen Sicherheit informieren, entscheiden 'zum Teufel mit den Fakten', dann sind sie selbst die Bedrohung der nationalen Sicherheit."


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