März 2001:
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Manege frei für das schwarze Trio

Erwin Teufel Teufel, Stoiber und Frau Merkel versuchten sich im Ländle mit einer Wahlkampfgroßveranstaltung amerikanischen Stils.
Dieser Bericht des Landesverbandsmitglieds Holger Birke ist tatsächlich keine Eulenspiegel-Glosse, sondern beruht auf realen Machwerken der "politischen Vorturner".

Lobend erwähnen muß man zur Veranstaltung allerdings, daß der Raum gut gefüllt war. - Andernorts winken die "Gladiatoren" beim Einlauf zu den CDU-Veranstaltungen in die Menge, wo garkeine ist.

Am 3. März fand in einer Halle der Stuttgarter Messe auf dem Killesberg eine große Show statt. Die CDU war nebst einer befreundeten Werbeagentur der Veranstalter, die Hauptakteure waren Erwin Teufel, Edmund Stoiber und Angela Merkel. Wahlkampfveranstaltungen im amerikanischen Stil sind nicht jedermanns Sache; zumal nicht die einer konservativen Partei - mochte man bis dahin annehmen. Als Ringsprecher hatte man den Chef des Deutschen Sportfernsehens engagiert, der wie bei einem Boxkampf mit viel Getöse den Wahl-Kämpfer ankündigt: "...und hier kommt der Herausforderer: Erwin Teufffellll !!!".
Es folgte der Einmarsch der Gladiatoren, natürlich im Rücken der Zuschauer, damit diese sich in der eng bestuhlten Halle erheben mußten, um sich umzudrehen. Geduldig-huldvoll winkend bahnten sich die drei "Champions" den Weg durch Fernsehteams und Pressefotografen, während die Hymne anschwoll und der Ringsprecher den Massen einheizte, "Erwin, Erwin" zu rufen. Die Stuttgarter Nachrichten kommentierten, daß Teufel nur noch der weiße Badeanzug gefehlt hätte.

Dann ein Knallen, Zischen und Puffen - noch bevor die Bühne erreicht war (zu früh?) brannte auf der Bühne ein Feuerwerk aus den Buchstaben C-D-U ab und verbreitete stinkenden, beißenden Qualm, der sich zuerst auf die Ehrenplätze der ersten Reihen legte und dann nur zögernd auflöste. Noch lange nachdem sich Teufel aus dem Schwefelnebel löste und das Rednerpult betrat, wurde im Umkreis gehustet und gewürgt. Das ferngesteuerte Zeppelinmodell, das in der Halle umherschwebte, verteilte mit seinen Propellern die Wolken und gab langsam den Blick frei auf das vom Großbildschirm über der Bühne strahlende Zahnpastalächeln des Redners.

In seiner Rede schleuderte dieser ganze Zahlenkolonnen von Erfolgsbilanzen in den Saal. In Baden-Würtemberg gibt es die niedrigste Arbeitslosenquote, die meisten Ausbildungsplätze, die niedrigste Kriminalitätsrate, die meisten Patentanmeldungen, das höchste Bildungsniveau der Schüler (trotz Ausfallstunden?) und, und, und - "Erfolgskurs Süd".

Natürlich läßt man dabei auch keinen Fehltritt der Gegner aus. Unter dem Motto "Wir zeigens denen in Berlin" will Teufel denn auch antreten, um alle politischen Fehler der rot-grünen Regierung "wegzuputzen". Er bemüht dazu so ausschließlich schwäbische Tugenden wie Sauberkeit, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit (hört, hört!) bis hin zur schwäbischen Kehrwoche. Wollen sie etwa Ihr Baden-Württemberg mit einem der flachen, armen Nehmerländer (Finanzausgleich) tauschen? Nein, das Wahlvolk will nicht, sondern wird "den Erfolg wählen", anstatt eine rot-grüne Außenfiliale Berlins zu werden!

Der aufmerksame Beobachter wird das Gefühl nicht los, daß das Wahlvolk das zu hören bekommt, was es hören will und was angeblich schon immer Ziel der CDU-Politik gewesen sei. Zugegeben, die meisten Themen hören sich wenigstens vernünftig an: Bildungspolitik, Frauenbenachteiligung aufheben, Familien fördern, Kindern eine Chance geben, Rentner fair behandeln, Atomausstieg verhindern - ja, einiges könnte auch aus dem Programm der BüSo stammen.

Und wer will schon etwas gegen all das Gute sagen, was da von der Teufelskanzel schallt? Nur eines ist nicht zu verstehen: Warum wurde während der vergangenen 16 Jahre CDU-Politik in Staat und Wirtschaft oder während der jahrzehntelangen CDU-Regierung im Land das nicht schon längst alles getan? Ganz schamlos verläßt man sich wieder auf das schlechte politische Gedächtnis der Wähler und gaukelt eine heile Welt vor, die es zu errichten oder zu erhalten gelte. Tja - je nachdem.

Oberflächlich wie das Showprogramm zwischen den Reden werden die Themen abgespult - Theater, das die Sinne und Emotionen ansprechen soll - nur nicht den Verstand. Fehler sind demzufolge immer die der anderen, eigene gibt es nicht. Aus dem Musical "Sweet Charity" singt ein Musicalsternchen von Stella in der Pause zwischen Stoiber und Merkel "Hey Big Spender" und verdreht dabei auffordernd ihre Körperteile. Trotzdem denkt keiner an den verhinderten Ehrenvorsitzenden Helmut Kohl und seine Affären. Auch das ist Polittheater, und war da nicht 'mal eine millionenfette Landesbürgschaft für die private Deyhle-Stella-AG, die der Steuerzahler letztlich doch blechen mußte? Wenn nicht der SWR in einem Bericht über die Veranstaltung, die nach Zeitungsberichten ca. 100000 DM gekostet haben soll, nach dem Ex-Kanzler gefragt hätte, wäre gar keine Rede von ihm. Der befragte Wahlhelfer mit der blauen CDU-Mütze meinte, es sei ziemlich egal, was mit Kohl geschieht, man müsse nach vorne schauen.

Nach einer relativ unbedeutenden, aber freien Rede von Angela Merkel (Highlight: "Frau Künast solle nicht mit den Kühen auf "Muh" sondern viel lieber mit den Bauern auf "Du" stehen"), und nach dem patriotischen Absingen der Nationalhymne regneten (offenbar viel zu spät) von der Hallendecke tausend blaue Luftballons auf die bereits hinausdrängenden Massen, wo sie zerquetscht und zertreten mit prasselndem Knallen ihrem Zweck zugeführt wurden. So konnte ich beim Hinausgehen die ziemlich zahlreich vertretenen Polizisten beruhigen: "Keine Panik - es ist keine Schießerei - nur lauter platzende Luftballons."


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