Juli 2002:
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Die große Illusion: Krieg soll das Finanzsystem retten

Das von LaRouche vorhergesagte Kriterium für den Einbruch der Finanzstrukturen, der Dollarkollaps, ist da. Die größte Gefahr geht jetzt von den Kreisen in und ausserhalb der Bush-Administration aus, die Rettung in einem beschleunigten Irak-Krieg suchen.

Wirtschaftskollaps in den USA
Aus der Rede von Präsident Hoover 1929: "Die grundsätzliche Wirtschaftstätigkeit des Landes, das heißt die Herstellung und Verteilung von Gütern, ruht auf einer soliden und prosperierenden Grundlage." - Ganz ähnlich pflegt G.W. Bush die heutige Situation zu beschreiben.

Der amerikanische Präsident George W. Bush ist nicht gerade für Originalität bekannt. Auch als er am 15. Juli inmitten eines Börsenfalls erklärte: "Ich möchte Ihnen mitteilen, dass unsere Wirtschaft grundsätzlich stark ist", war das ein ungewolltes Plagiat. Die Weltpresse bemerkte die Ähnlichkeit mit dem berühmten Ausspruch vom 25. Oktober 1929, womit Präsident Herbert Hoover in die Geschichtsbücher einging: "Die grundsätzliche Wirtschaftstätigkeit des Landes, das heißt die Herstellung und Verteilung von Gütern, ruht auf einer soliden und prosperierenden Grundlage."

Wäre es nicht so tragisch, dann wäre Bushs Äußerung erheiternd. Gleiches gilt für Alan Greenspans Geschwätz vom folgenden Tag über den Anstieg der US-Verbraucherausgaben dank der segensreichen Immobilienblase. Keiner von beiden konnte das "Verbrauchervertrauen" stärken oder die "Märkte" beruhigen. Im Gegenteil, nach der Rede des Präsidenten verzeichnete die Wall Street starke Einbrüche und überstand den Tag nur dank massiver Intervention des "Absturz-Verhinderungsteams" aus Regierung, Notenbank und Wallstreet-Häusern. Greenspans Auftritt vor dem Senat wirkte ähnlich.

Auch der Dollar ging auf Talfahrt, er erreichte erstmals seit zwei Jahren die Parität zum Euro und sank noch weiter. Auch gegenüber dem Schweizer Franken, Yen, britischem Pfund etc. verlor die "Weltleitwährung" deutlich. Der japanische Notenbankchef Masaru Hayami erklärte: "Die Gefahr eines weltweiten Dollarausverkaufs ist ziemlich groß."
Kurz: Die von Lyndon LaRouche vorhersagte Dollarkrise, die den Zusammenbruch der weltweiten Finanz-, Währungs- und Wirtschaftsstrukturen einläutet, ist da. Und kein "Absturz-Verhinderungsteam" oder konzertiertes Vorgehen der Notenbankchefs kann sie stoppen.

Die in Panik geratene Bush-Administration sieht nur einen Ausweg: Krieg. Sie hegt die Illusion, sobald der Krieg gegen den Irak beginne, würden sich die institutionellen Anleger wieder in den Dollar als "sicheren Hafen" stürzen. Sie unterliegt dem fatalen Irrtum, man könne die Weltmacht, deren finanzielle Grundfesten erschüttert sind, mit kriegerischen Mitteln retten.

Am deutlichsten kommt diese wahnsinnige Idee in einem Artikel des bekannten Neokonservativen John Podhoretz in der New York Post zum Ausdruck. Unter der überschrift "Bitte eine Oktober-Überraschung!" heißt es dort: "Sie stecken in ganz schönen innenpolitischen Schwierigkeiten, Herr Präsident. Sie müssen das Thema wechseln. Sie haben den größten aller Themenwechsler zur Verfügung. Nutzen Sie ihn... Wenn Sie den Krieg so bald wie möglich anfangen, Herr Präsident, ist das eine wunderbare Doppelfalle. Ihre Gegner sind trunken vor Freude über die Unternehmens-Betrugsskandale... Wenn Sie Ihre Truppen rasch vor Ort bringen, werden Sie sie rasend machen."

Zwei Wochen zuvor hatte der "Ökonom" Lawrence Kudlow Bush geraten, nur ein Irak-Krieg könne die US-Wirtschaft retten und werde die Börse um 2000 Punkte steigen lassen.

Truppen werden vorbereitet

Offiziell heißt es, der Krieg gegen den Irak werde wahrscheinlich erst "Anfang nächsten Jahres" beginnen, doch in Wirklichkeit werden angesichts der Dollarkrise und der Börsenturbulenzen die Planungen und Vorbereitungen hektisch beschleunigt. Britische und amerikanische Zeitungen schildern seit zwei Wochen immer häufiger und immer detaillierter militärische Szenarien.

So berichtete die New York Times am 5. Juli über ein neues Papier von Planern am Zentralkommando in Tampa/Florida, CentCom Courses of Action, wonach der Irak mit See-, Land- und Luftstreitkräften gleichzeitig von Norden, Süden und Westen angegriffen werden soll. "Zehntausende Marines und Soldaten sollen wahrscheinlich über Kuwait einmarschieren... Mehrere hundert in bis zu acht Staaten - u.a. möglicherweise Qatar und der Türkei - stationierte Kampfflugzeuge würden einen gewaltigen Luftkrieg gegen Landebahnen, Strassen und Glasfasernetze beginnen." Sondereinheiten oder CIA-Agenten würden Depots und Labors mit vermuteten Massenvernichtungswaffen und ihren Trägersystemen angreifen.

Mehrere Anzeichen sprächen dafür, dass das Militär eine grössere Luftkampagne und Bodeninvasion vorbereitet. Weiter heißt es in der NYT: "Tausende Marines der First Marine Expeditionary Force aus Camp Pendleton in Kalifornien, die für den Einsatz im Golf vorgesehene Marineseinheit, hätten ihre Angriffsübungen intensiviert, sagte ein Pentagon-Berater. Das Militär baut Stützpunkte in verschiedenen Golfstaaten aus, darunter einen grösseren Flughafen in Qatar namens Al Udeid. Tausende US-Soldaten sind schon in der Region stationiert." Die Munitionsproduktion sei erhöht, und die Luftwaffe sammele "Waffen, Munition und Ersatzteile wie Flugzeugtriebwerke in Lagern in den USA und im Mittleren Osten an".

Das Wall Street Journal berichtete am 16. Juli über einen neün "mittelgrossen" Kriegsplan für 50000-70000 Soldaten und massive Luftangriffe. Man benötige dafür nur zwei Wochen, um die Soldaten in Kuwait zu sammeln. Die Financial Times nannte dieses Szenario die wahrscheinlichere Option.
Unabhängige Qüllen aus der Region haben die Berichte über Truppenkonzentrationen bestätigt.

Jordanien unter Druck

Die Berichte sprechen von einer Verstärkung der Truppenpräsenz auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik und der Stationierung von Sondereinheiten in Jordanien, das angeblich den USA Stützpunkte überlässt. Die jordanische Regierung dementiert dies zwar sehr nachdrücklich, aber die Gerüchte erhielten massiven Auftrieb, als der frühere jordanische Kronprinz Hassan an dem vielpublizierten Treffen irakischer Ex-Offiziere in London am 13.-14. Juli teilnahm.

Die von Brigadegeneral Najib Al Salihi geführte Gruppe aus 60-90 früheren irakischen Offizieren diskutierte über Möglichkeiten eines "Regimewechsels" in Bagdad. Man sprach auch über die Zusammensetzung einer Regierung "nach Saddam", erzielte aber keine Einigung. Al Salihi erklärte, bei einem Angriff der USA werde die irakische Armee zusammenbrechen. Saddam Hussein wäre isoliert und würde zu fliehen versuchen - dann sollten aufständische Bodentruppen mit US-Luftunterstützung Bagdad einnehmen. Man müsse aber klarmachen, dass nur Saddam Hussein der Gegner sei, "damit sich nicht zwei Armeen gegenüberstehen". Laut Medienberichten begrüssten die Ex-Offiziere in ihrer Abschlusserklärung "ausländische Hilfe jeder Art", betonten aber, sie seien keine Marionetten der USA.

Nach Einschätzung von Experten aus der Region sind diese Militärs ebensowenig eine wirkliche politische Alternative wie Chalabis Irakischer Nationalkongress. Beide Gruppen sind ein schlechter Witz, im Vergleich mit der (auch alles andere als stabilen) afghanischen Anti-Taliban-Allianz ist ihre Erfahrung und militärische Stärke lächerlich gering. Die wahre Bedeutung des Londoner Treffens war psychologisch und politisch. Die zuhauf vertretene britische Presse machte unmissverständlich klar: Die Irak-Operation läuft.

Die Anwesenheit des früheren jordanischen Kronprinzen Hassan - der Onkel des regierenden Königs Abdallah II. - rief in der arabischen Welt Besorgnis hervor. Hassan setzte sich demonstrativ ganz nach vorne neben Scharif Ali Bin Hussein, den Neffen des letzten irakischen Königs.

Jordaniens Informationsminister Mohammad Advan erklärte hinterher, die Regierung habe von dem Auftritt nichts gewußt, und dieser stehe "mit der grundsätzlichen Haltung zum Bruderland Irak nicht in Einklang". König Abdallah betonte im US-Fernsehsender NBC wiederholt, bezüglich eines Angriffs auf den Irak seien Jordanien und die USA unterschiedlicher Meinung. Ein Angriff werde die arabischen Staaten verärgern und die USA international isolieren, warnte er.

Prinz Hassans Motive sind nicht bekannt. Möglicherweise gibt es eine Fraktion in Jordanien, die unter dem massiven Druck die amerikanischen Pläne insgeheim billigt. Angeblich haben die USA arabischen Nationen und der Türkei erklärt, diesmal werde der Sturz Saddams klappen, "chirurgisch, schnell, effektiv", und wer sich verweigere, werde Amerikas Zorn zu spüren bekommen. Wer mitmache, könne hingegen von einer "neugezeichneten Landkarte" im Nahen/Mittleren Osten profitieren.

Eines der Szenarien betrifft den Fall, dass Ariel Scharon parallel zum Irak-Krieg die Palästinenser nach Jordanien vertreibt. Das haschemitische Königreich würde dann einen "Ortswechsel" vornehmen und einen Teil des Iraks oder eines geteilten Saudi-Arabiens erhalten. US-Vizeverteidigungsminister Wolfowitz erörterte Berichten zufolge bereits mit Regierungen der Region Pläne zur Teilung des Iraks in einen schiitischen Süden, ein sunnitisches Bagdad (mit Präsenz der Haschemiten), einen "türkischen" Norden um Mossul und Kirkud sowie eine kurdische Bergregion.

Hochrangige US-Generäle haben öffentlich erklärt, für eine Irak-Invasion brauche man eine Viertelmillion Soldaten. Die sind derzeit nicht verfügbar. Die Vorstellung, die Kurden im Norden und die Schiiten im Süden könnten oder würden mit Unterstützung aus der Bevölkerung einen erfolgreichen Bodenkrieg führen, ist eine Schimäre.

Lyndon LaRouche sagte kürzlich in einem Interview mit dem iranischen Rundfunk treffend, egal mit welcher Militärstrategie, die USA könnten einen solchen Krieg nicht gewinnen. Denn sobald die USA den Irak angreifen, würde Scharon seine "Endlösung der Palästinenserfrage", die Vertreibung nach Jordanien, beginnen und dann vermutlich den Iran angreifen. In diesem Fall werde sich der Iran zur Wehr setzen. Der Irak würde Widerstand leisten, und in der Türkei brächen schwere Unruhen aus.

Ein neuer Irakkrieg würde in der ganzen arabischen und islamischen Welt massive Proteste und Konflikte auslösen - und genau das ist eines der Ziele dieser Operation im Sinne des "Kampfs der Kulturen". Man will vom Nahen Osten bis nach Nordafrika, vom Persischen Golf bis nach Zentralasien Chaos schüren und so ein neues, söldnergestütztes "Weltreich" errichten.

Aber diese Pläne sind zum Scheitern verurteilt. Das "Imperium" kollabiert. Es kann auf der Welt Chaos und Zerstörung verbreiten, aber es kann sie nicht regieren. Genausowenig wird ein Krieg das Finanzsystem retten.


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