Juni 2002:
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Die Globalisierung der Armut

Global - Brutal Buchbesprechung: Michel Chossudovsky, "Global Brutal. Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg", Zweitausendeins Verlag, 2002.

Der Autor dieses Artikels, Lüder Grosser, kandidiert bei den Bundestagswahlen auf der BüSo-Landesliste Baden-Württemberg

Michel Chossudovsky schreibt über den wirtschaftlichen Zustand der Welt und die sich ausbreitende Armut, die sich mit dem IWF-Konzept nicht abwenden läßt - ganz im Gegenteil, er nennt das derzeitige Wirtschaftsprogramm des IWF "Globalisierung der Armut". Seiner Meinung nach hat es trotz der gewaltigen Produktivitätserhöhung durch wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt nicht zur Erhöhung des Lebensstandards geführt, auch nicht in Industrieländern. Gerade die Rationalisierung habe die Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer forciert und somit die Löhne in den Industrieländern durch hohe Arbeitslosigkeit niedrig gehalten und zu einer Internationalisierung der Arbeitslosigkeit geführt, welche als Hebel eingesetzt wird, um die Löhne weltweit niedrig zu halten. Eindrucksvoll beschreibt er den Einfluß des IWF auf die Staaten, die nicht mehr in der Lage sind, selber über ihre Staatsausgaben zu entscheiden. Der IWF sitzt ihnen wie ein Gläubiger im Nacken und diktiert die Verwendung seiner Kredite; sie werden nicht für die Errichtung von Krankenhäusern oder Straßenbau verwendet, sondern zur Abschreibung von Haushaltsdefiziten, die künstlich durch Währungsabwertungen und manipulierte Energiepreise unbezahlbar bleiben. Der Staat erklärt sich schließlich bankrott, wie es nahezu alle Staaten auf der Welt bereits getan haben, in jedem Land beginnen die Verkäufe von Staatseigentum, insbesondere Infrastruktur wie Telekommunikation, Transportwesen, Wasser- und Energieversorgung sowie viele andere Betriebe, die dem Volk gehören, weil es dafür in der Vergangenheit Steuern zahlte, jetzt jedoch noch einmal für das Aufbrauchen dieser Institutionen zur Kasse gebeten wird, weil die Staaten dazu erpreßt wurden, diese aus ihrer Kontrolle zu geben. Durch den Wegfall von Importzöllen schwellen schließlich die Auslandsschulden wieder an, weil importierte Konsumgüter die heimische Produktion ersetzen.

Sehr harte Kritik verdienen nach Chossudovsky die Bretton-Woods-Institutionen besonders wegen der Folgen der radikalen Sozialbudgetkürzungen. Die vermeintlichen Lösungen zum Schuldenabbau führen zu weiteren Schulden, denn die Weltbank verdient ja gerade an instabilen Währungen und wirtschaftlichen Zusammenbrüchen ganzer Volkswirtschaften.

Zusammenfassend bringt Chossudovsky die Situation auf den Punkt, daß jene Menschen, die produzieren, nicht diejenigen sind, die konsumieren. Die in Billiglohnländer ausgelagerte Produktion erzeuge das größte Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in den importierenden Ländern durch korrespondierendes Einkommenswachstum in der Dienstleistungswirtschaft der reichen Länder.

Einfluß von IWF und Zentralbanken

Wiederholt macht Chossudovsky den Einfluß des IWF und der Zentralbanken deutlich; sie sind es, die die Staaten finanziell kontrollieren - einzig in der Absicht, ihre privaten Reichtümer anzureichern - und dabei meilenweit davon entfernt sind, das Allgemeininteresse durch Produktionsanreize aufrechtzuerhalten. In Europa sind ihre Methoden längst zu einem zentralen Bestandteil der Verträge von Maastricht geworden, denen die EU-Staaten unterliegen. Z.B. liegt es laut Artikel 104 im Ermessen der Zentralbank, ob dem Staat ein Kredit gewährt wird oder nicht. Es ist also nicht das Recht des Staates, Investitionen zu realisieren, sondern obliegt der Macht eines kleinen privaten Personenzirkels, welche z.B. im Besitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt ist. Und es sind insbesondere Sozialdemokraten, New Labor, in Deutschland vor allem die Grünen, welche die Diener dieser privaten Bankiers sind. Wahlergebnisse habe keinerlei Auswirkungen mehr auf den Gang der staatlichen Wirtschaftspolitik, der Neoliberalismus ist fester Bestandteil aller in den Medien präsenten Parteien - wobei Chossudovsky das Wort "Medien" tunlichst vermeidet; er schweigt über politische Alternativen, als ob es sie nicht gäbe.

Ausführlich beschreibt Chossudovsky dagegen die Korruption und Manipulierbarkeit der Finanzmärkte, insbesondere durch spekulative Angriffe, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Volkswirtschaften. Man bekommt den Eindruck, alle diese Transaktionen wären vollkommen unkontrollierbar, allein aufgrund der schieren Anzahl getätigter Spekulationsgeschäfte in jeder Sekunde auf der ganzen Welt, die den Überblick völlig abhanden kommen läßt - was man ja letztlich "Liberalisierung" nennt. Offen bleibt wiederum, ob dieser Tatbestand nicht von vornherein so geschaffen wurde.

Da alle diese Milliardengewinne durch die Ausbeutung der Volkswirtschaften und spekulativen Transaktionen rein fiktiver Natur sind und nicht das Geringste mit realer Wirtschaft zu tun haben, besteht keine wirkliche Notwendigkeit mehr, Güter zu produzieren. So ist zumindest der Zerfall der Volkswirtschaften also äußerst real.

Interessanterweise erklärt Chossudovsky mehrfach detailliert, wie durch das System von WTO und IWF ganze Volkswirtschaften zerstört und teilweise privatisiert werden, aber nicht einmal im Ansatz wird erwähnt, wie es denn anders gehen sollte, so als ob das alles ganz unabwendbar und möglicherweise sogar zwingend so sein muß. Aber dieses Thema ist vielleicht gar nicht Gegenstand der Dokumentation, in der es ausschließlich um die Darstellung der Perversion geht, mit der letztlich der Bürger übers Ohr gehauen wird. Ebenso werden die dunklen Machenschaften von Zbigniew Brzezinski und die Vorbereitungen kriegerischer Auseinandersetzung beschrieben, welche die Macht der Wallstreet erhalten soll. Krieg und Globalisierung gehen zwingend Hand in Hand. Chinas Beitritt in die WTO und die damit einhergehende Öffnung des Finanzsystems wird die chinesische Wirtschaft in wenigen Jahren verwüsten. Massive Arbeitslosigkeit und soziale Unruhen sind vorprogrammiert, und die "Achse des Bösen" deute sich schon jetzt als Schlußszene an, zumindest rhetorisch.


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