April 2006:

Deutschland gegen globalisierten Faschismus verteidigen!

Von Helga Zepp-LaRouche, Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität

Verteilaktion in Stuttgart
Deutschland steht unter Dampf - und der Druck im Kessel wird immer stärker. Aber den vielen Proteste, Streiks und Kundgebungen weisen eine Schwäche auf. Sie wehren sich berechtigt gegen einzelne Maßnahmen, haben aber nicht das Ganze des Problems im Blickfeld: Wir können nur zu einer Politik zurückfinden, die Wirtschaftswachstum und Vollbeschäftigung sichert, wenn wir das bankrotte Maastricht-System aufgeben.

Das folgende Kampagnen-Flugblatt wurde Anfang April 2006 in Stuttgart verteilt.

Deutschland steht kurz vor der Explosion: Krankenhausärzte streiken für 30 Prozent mehr Lohn, niedergelassene Ärzte fürchten den Verlust von 30 Prozent der Praxen, Angestellte des Öffentlichen Dienstes stellen sich auf Dauerprotest ein, Beamte und selbst Polizisten schließen sich an. Es zeichnet sich ein Streik bei den Metallarbeitern ab. Der massive Angriff auf den Lebensstandard von Langzeitarbeitslosen und Rentnern verschärft sich. In vielen Städten gärt es wegen einer beispiellosen Privatisierungswelle und Übernahmen durch die "Heuschrecken".

In Frankreich gehen Jugendliche und Gewerkschaften gemeinsam auf die Straße, weil Ministerpräsident de Villepin jeglichen Kündigungsschutz für junge Leute unter 26 Jahren in den ersten beiden Beschäftigungsjahren abschaffen will. Aber es geht um mehr; schon ist die Rede von einer neuen "68er Revolte", die die Regierung zu Fall bringen könnte. Der geplante landesweite Streik in Frankreich kann sich zu einem Generalstreik entwickeln, von denen es bisher nur drei gegeben hat: 1946, 1958 und 1968. In Frankreich spürt man die Agonie eines sterbenden Systems.

Meint die Berliner Regierung denn wirklich, daß der Funke nicht von Frankreich auf Deutschland überspringen könnte? Denn während de Villepin den Kündigungsschutz "nur" für Jugendliche aufheben will, sieht der Koalitionsvertrag den Wegfall des Kündigungsschutzes in den ersten zwei Jahren für alle Beschäftigten vor. Bei rund acht Millionen Neueinstellungen im letzten Jahr und 27 Millionen Beschäftigten insgesamt würde damit der größere Teil rechtlos gestellt. Offenbar nimmt niemand in der CDU/CSU, die in Sachen Kündigungsschutz nun weit über die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages hinausgehen will, die Nachrichten über Frankreich zur Kenntnis.

Natürlich sind die meisten Ärzte überarbeitet und unterbezahlt, und das geht zu auch zu Lasten der Patienten. Aber die Ärzte stellen nicht grundsätzlich Ulla Schmidts brutale Gesundheitsreform in Frage, sondern versuchen nur, innerhalb des System ihre Lage zu verbessern. Natürlich hat der Abbau beim Öffentlichen Dienst Folgen für das Gemeinwohl, und das nicht nur beim Abtransport toter Vögel, die an der Vogelgrippe verendet sind. Natürlich sind die meisten Arbeitnehmer seit langem mit Reallohnsenkungen konfrontiert, während das Management vieler Banken und Konzerne sich die Millionen in die Taschen steckt. Und ganz gewiß ist die Kürzung der Rente ein Verbrechen, denn die heute älteren Menschen haben Deutschland aufgebaut und jahrzehntelang für ihre Rente eingezahlt. Und natürlich führen die Privatisierungen so gut wie immer zu einem brutalen Angriff auf den Lebensstandard der Betroffenen.

Nur, solange jede betroffene Gruppierung sich nur um "ihr" Thema und "ihre" Forderungen kümmert, solange werden alle Proteste bestenfalls nur sehr begrenzten und kurzfristigen Erfolg haben, und schlimmstenfalls werden sie im allgemeinen Chaos untergehen. Denn solange die Protestierenden nicht der Frage auf den Grund gehen, warum in Deutschland und weltweit derzeit überall der Boden herausfällt, werden sie gar nichts erreichen. Es sind nicht nur die Einzelprobleme, es ist das ganze System.

Wer ist der Feind?

Das sogenannte System der "Globalisierung" ist das Problem. Der Paradigmenwandel, der seit rund vierzig Jahren immer weiter von einer an wissenschaftlichem und technologischem Fortschritt orientierten Gesellschaft von Produzenten hin zu Spekulation und Geldwirtschaft geführt hat, ist an sein Ende gekommen. Die Haushalts- und Handelsdefizite und die Schulden vieler Staaten, aber vor allem der USA, können nicht bezahlt werden. Mit dem Ende der Nullzinspolitik in Japan und des damit verbundenen sogenannten "Carry Trade" trocknet eine der wichtigsten Liquiditätspumpen aus. Die Auswirkungen auf die Hedgefonds und Kreditderivate sind unüberschaubar, gerade ist Island, das selber schon ein Hedgefonds geworden ist, als Folge davon bankrott gegangen. Die globale Immobilienblase wird platzen, der Kollaps des Dollars, und damit des mit der Globalisierung assoziierten Weltfinanzsystems ist unausweichlich.

Globalisierung ist nichts anderes als ein anderer Begriff für die Errichtung eines Weltimperiums, bei dem eine immer aggressivere Konzentration von Kartellen und "Megaplayern" auf den Finanzmärkten versuchen, die souveränen Nationalstaaten zu zerschlagen. Es ist der Versuch, die Macht der Nationalstaaten, die allein potentiell fähig wären, das Gemeinwohl zu verteidigen, auszuschalten und durch globale Syndikate privater Finanzinteressen zu ersetzen. "Heuschrecken" ist ein noch viel zu milder Ausdruck für dieses Phänomen: Das globalisierte System des Raubtierkapitalismus, für das Hedgefonds und die Beteiligungsgesellschaften typische Ausdrucksformen geworden sind, schluckt und vernichtet oftmals die gesamten industriellen Kapazitäten und öffentlichen Investitionen ganzer Nationen, und dies auf weltweiter Basis.

Solange dieses System nicht durch ein anderes, besseres ersetzt wird, wird sich die brutale Verarmungsspirale sinkender Steueraufkommen und noch brutalerer Sparmaßnahmen immer weiter nach unten öffnen - ohne Boden. Nimmt man dann die Auswirkung der Euro-Schwindsucht für die deutsche Volkswirtschaft dazu, bei der - wie das ursprünglich von Margaret Thatcher und François Mitterrand beabsichtigt war - Deutschland den Rest der Euro-Zone durch massive Quersubventionen finanziert, dann wird deutlich, daß es nur noch eine Frage ganz kurzer Zeit ist, wann bei der deutschen Wirtschaft der Exitus eintritt.

Neue Allianzen für das Gemeinwohl!

So berechtigt die Forderungen der verschiedenen Proteste auch sind: Es muß begriffen werden, daß Deutschland sich im Krieg befindet. Und der Feind in diesem Krieg heißt: Globalisierung. Es ist das System, bei dem private Finanzinteressen, ihre Banken und Hedgdefonds versuchen, den gesamten Energie- und Rohstoffmarkt zu kontrollieren. Dabei kassieren Megakartelle, wie z.B. Halliburton und Bechtel, Milliardenbeträge durch Verträge mit der amerikanischen Regierung, womit sie traditionelle Aufgaben der Streitkräfte an "private" Sicherheitsfirmen "outsourcen", die dann natürlich keiner Kontrolle mehr, etwa durch den Kongreß, unterliegen.

Leute wie Felix Rohatyn, der seine Karriere dem internationalen Bankhaus Lazard Frères verdankt und im Laufe seiner Karriere in zahlreichen Vorständen saß, wie George Shultz, langjähriger Vorstandschef von Bechtel, oder Dick Cheney, ehemaliger Vorstandschef von Halliburton, sind typische Vertreter dieser Globalisierung, gegen die es nur ein wirksames Mittel gibt: patriotische Bürgerbewegungen, die die bedrohten Nationalstaaten und das Gemeinwohl verteidigen.

In den USA, die als Nation genauso von diesem Raubtierkapitalismus bedroht sind, formiert sich im Augenblick massiver Widerstand gegen diese Neocons: im traditionellen Militär, weil der Irakkrieg sich als größte strategische Katastrophe in der Geschichte der USA entpuppt hat; bei den traditionellen Republikanern, weil sie nicht mit Bush und Cheney und den Neocons untergehen wollen; und bei den Demokraten, weil die meisten verstanden haben, daß Amerika nur überleben wird, wenn die von Lyndon LaRouche vorgeschlagene überparteiliche Koalition von Demokraten und Republikanern zur Politik von Franklin D. Roosevelt und seinem New Deal zurückkehrt, mit dem Roosevelt in den 30er Jahren schon einmal die Depression überwunden hat.

Wir brauchen in Deutschland eine neue "Atlantische Allianz" mit dem wirklichen Amerika, der Opposition zu den Neocons. Und wir brauchen eine patriotische Bewegung, die verhindert, daß Deutschland von den Vertretern des Raubtierkapitalismus zerfleddert wird. Das bedeutet, daß wir die Souveränität über die eigene Währung zurückgewinnen müssen, die jetzt bei der privaten Europäischen Zentralbank (EZB) liegt. Und wir brauchen pro Jahr rund 200 Milliarden Euro, bzw. 400 Milliarden D-Mark an staatlicher Kreditschöpfung, um insgesamt zehn Millionen neuer produktiver Arbeitsplätze zu schaffen. Dann wird sich der Steuersäckel wieder füllen, die unsoziale Gesundheitsreform kann wieder rückgängig gemacht werden, die Ärzte können besser bezahlt werden, die 1,2 Millionen Angestellten des Öffentlichen Dienstes, die seit 1990 entlassen worden sind, können wieder eingestellt werden, und die wohlverdienten Renten können wieder bezahlt werden.

"Das sind ja schöne Ideen, aber die Büso hat nicht die Macht", wenden Sie ein? Eine Gesellschaft, die nicht mehr an Ideen und die Wahrheit glaubt, sondern nur darauf schaut, "wer die Macht hat", ist eine durch und durch sophistische Gesellschaft, wie Platon dies in seiner Schrift Der Staat mit den Argumenten des Trasymachos beschrieben hat. Eine solche Gesellschaft wird an diesem Sophismus untergehen wie das klassische Athen.

Unterstützen Sie die BüSo und nicht die Politiker, die letztlich alle das oben beschriebene System verteidigen, ganz gleich, ob sie in der Großen Koalition, in schwarz-gelben, rot-grünen oder rot-roten Koalitionen sitzen. Denn nur die allerdümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber!

Schließen Sie sich uns an! Deutschland muß verteidigt werden!


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