| September 2003: |
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Glauben Sie es nicht, wenn jemand sagt, "mit dem Fingerhut Wasser holen, stellt die Wasserversorgung sicher". Das gleiche gilt für die wirtschaftliche Anwendung der Windkraft. - Helmut Böttiger belegt das mit einem Vergleich.
In bezug auf ihr Energieprogramm hält sich die rot-grüne Regierung für schlau. Verlagern wir das Energieproblem ein wenig, damit jeder versteht, wie grotesk schlau sie tatsächlich ist.
Die Regierung - und natürlich wir als ihre Wähler - glauben, das Problem der Arbeitslosigkeit durch die Rückkehr zu früherer Technologie mit geringerer Produktivität lösen zu können. Vordergründig scheint das fast jedem einzuleuchten. Stellen Sie sich vor, das Transportgewerbe stiege von LKW und Eisenbahn wieder auf Eselskarren um: Wie viele Kutscher fänden hierbei zusätzlich Arbeit?
Allerdings steigen damit natürlich auch die Kosten, so daß sich kein noch so umweltbewußter Fuhrunternehmer freiwillig für diesem Schritt entscheiden würde. Also muß man ihn durch Handsalben dazu verlocken. Subventionen kosten Geld, und die Regierung hat schon alle Steuergelder wahlverhaltenssteuernd ausgegeben. Die Staatskasse ist nicht nur leer, sie ist löcherig wie eine alte Gießkanne. Aber für Politiker ist das kein Problem!
Die Regierung entscheidet, daß Fuhrunternehmen, die noch mit LKW und Eisenbahn arbeiten und vielleicht sogar mit der Magnetbahn liebäugeln, die Mehrkosten der Eseltreiber zu tragen und entsprechende Karawansereien zum Wechseln der Tiere und ihrer Pflege zu betreiben haben. Wenn es so gemacht wird, ist, wie Marco Bülow, MdB und Berichterstatter der SPD-Fraktion am 12. August wieder einmal öffentlich verkündete, "die Förderung der Windenergie keine Subvention", sondern ein "Umlagesystem, das die Mehrkosten verursachergerecht auf die Endkunden umlegt".
So ist es. Doch was heißt "verursachergerecht"? Wer verursacht denn die hohen Kosten? Doch wohl der Eseltreiber oder Windenergieanlagen-Betreiber oder genauer - die Politiker, die sie durch entsprechende Handsalben dazu verleitet haben. Wen wundert es, daß man, um wieder das Bild vom Transport zu nehmen, bald überall stinkende Dunghaufen liegen sieht? Nur - das Problem der Arbeitslosigkeit löst sich damit nicht.
Denn nicht nur die alteingesessenen Fuhrunternehmer verlassen fluchtartig das Land, um anderswo ihr Gewerbe anzumelden. Neue Standorte müssen sich auch sämtliche Firmen suchen, die etwas zu kutschieren haben, die also Güter herstellen und nicht nur "Produkte", die sich wie raffinierte Finanzschnäppchen oder Kriegsspielchen über das Internet verkaufen lassen.
"Aber bei der Windenergie ist das doch anders als beim Transport!" Windenergieanlagen sind modern, auf dem neuesten Stand der Technik und vor allem: "Windenergie gibt es umsonst." Doch welche Energieform gibt es nicht "umsonst"? Kohle hat zum Beispiel einen Preis, weil man sie vor dem Einsatz mehr oder weniger arbeits- und technikaufwendig aus der Erde graben muß - sie steckt dort aber "umsonst"! Kosten verursacht also lediglich die Umwandlung einer "kostenlosen" Primärenergiequelle in eine Nutzenergie, die dann, wenn man sie braucht, zur Verfügung stehen sollte.
Und in dieser Beziehung sieht es beim Wind bekanntlich besonders schlecht aus; denn der von den Anhängern der Windenergie propagierte "Segen" der etwa 14 500 deutschen Windräder ist sehr gering. Klar - sie drehen sich nur bei Wind. In der tropischen Hitze der letzten Wochen in Deutschland regte sich kein Windhauch, und die Windräder standen still. Aber bei zuviel Wind geht es auch nicht. Bei Windgeschwindigkeiten über 25 m/s drehen sich die Windräder aus dem Wind und stellen den Betrieb ein.
Dieses ungünstige Windangebot führt dazu, daß für je hundert Megawatt Mehrleistung tausend Megawatt Nennleistung zugebaut werden müssen. Will man 1000 MW von Kohle- und Gaskraftanlagen durch Wind ersetzen, müßten Anlagen von insgesamt 10 000 MW Nennleistung aufgestellt werden. Um bei Flaute sofort einspringen zu können, müßten parallel dazu Kohle- und Gaskraftwerke mit reduzierter Leistung mitlaufen, ihr Wirkungsgrad wird nicht erreicht, aber Brennstoff und Wartung fallen wie bei Vollast an.
In allem, inklusive Einspeisungskosten, Umweltbelastung, Regulierungsaufwand, Transportkosten und durch das EEG (Gesetz zur erneuerbaren Energie) festgelegte Garantiepreise, ist der Windstrom ein teurer Spaß: Eine Kilowattstunde Windstrom kostet elf Cent gegenüber dreien aus konventionellen Kraftwerken.
Die Firma Vestolit in Marl stellt mit 700 Angestellten PVC her. Ihre Produktion ist hier wegen des hohen Strompreises um acht Millionen Euro teurer, als wenn sie mit den gleichen Anlagen in einem günstigeren EU-Land - von weiter östlich gelegenen ganz abgesehen - arbeiten würde. Das sind immerhin 2,5% ihres Umsatzes. Denn inzwischen zahlen deutsche Stromverbraucher die höchsten Strompreise in der EU. Die Beschäftigten bei Vestolit und in Zulieferer- und Dienstleistungsunternehmen der Firma haben auf ihr Weihnachtsgeld verzichtet, um die Firma im Land zu halten und dem Land nicht als zusätzliche Arbeitslose auf der Tasche zu liegen. In den Aluminium-, Zement- und anderen energieintensiven Werken sieht es nicht anders aus, wenn auch die betriebswirtschaftlichen Entscheidungen anders gefällt werden dürften.
Man kann leicht erraten, auf wen die Belegschaft besser zu sprechen ist, auf den Unternehmer, der ihr Weihnachtsgeld nach einer Befragung einbehält und dafür "noch" im Land bleibt oder die von ihnen gewählte rot-grüne Regierung, die den Spekulanten in Windenergie die Renditen garantiert und mit der Novelle zum EEG die Stromkosten bis 2010 um weitere 30% verteuern will.
Ja, hätte man sich nur nicht in eine blinde Angst vor der Kernenergie hinein terrorisieren lassen! Allerdings sollen auch Menschen fortgeschritteneren Alters noch umdenkfähig sein, wenn sie eine vertrauenswürdige Alternative erkennen. Jedenfalls forderte Gewerkschaftsboß, SPD-Mitglied und Kanzlerfreund Hubertus Schmoldt neue Kernkraftwerke für das Land, und Wirtschaftsminister Clement meinte angesichts der Wirtschaftslage am 22. August in der Tagesschau: "Wir brauchen auch bei der Windenergie eine degressive Förderung und eine Orientierung an den Maßstäben der Wirtschaftlichkeit, wie in anderen Lebensbereichen auch."
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