April 2003:
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Der Weg zum präventiven Angriffskrieg

Die Politik von Tony Blair

Diese Karikatur, die vor einigen Jahren in unserer Mitgliederzeitung Neue Solidarität erschien, nahm den sogenannten dritten Weg des britischen Ministerpräsidenten Tony Blair aufs Korn, der über Finanz- und Wirtschaftskrisen bis hin zum Irak-Krieg führte. Wie wohlinformierte britische Abgeordnete versichern, ist diese Darstellung noch weit untertrieben...

Chronologie der Ereignisse

1991: Wolfowitz konzipiert Präventivmaßnahmen gegen Rivalen der USA

1992: US-Verteidigungsminister Cheney übernimmt dies in seine Defense Planning Guidance

1993: Cheneys Defense Strategy for the 1990s: The Regional Defense Strategy befürwortet die Entwicklung von Mini-Atomwaffen

1996: Richard Perles Team verfaßt A Clean Break für Netanjahu, worin der Bruch des Osloer Abkommens und der Sturz Saddam Husseins gefordert wird

1998: Offener Brief von Rumsfeld et al. an Clinton fordert "Regimewechsel" in Bagdad

2001: Anschläge vom 11. September. Wolfowitz ruft auf, "Staaten zu eliminieren, die den Terrorismus unterstützen" (13. Sept.)

2002 - Januar: Bush spricht von der "Achse des Bösen" - Irak, Iran und Nordkorea - und droht "Wer nicht für uns ist, der ist unser Feind"

2002 - August: Cheney bläst zum Präventivkrieg gegen den Irak. UN-Inspektionen seien sinnlos, denn das Ziel sei "Regimewechsel"

2002 - September: Die Präventivkriegsstrategie wird offizielle US-Sicherheitsdoktrin

2003 - 20. März: Kriegsbeginn

 

Tam Dalyell: "Blair ist ein Kriegsverbrecher!"

Der Abgeordnete Tam Dalyell, dienstältestes Mitglied des britischen Unterhauses, veröffentlichte am 27. März unter der Überschrift "Blair, der Kriegsverbrecher" einen Gastkommentar im Londoner Guardian. Darin begrüßt er eine Resolution des Kreisverbandes der Labour Party in seinem Wahlkreis im schottischen Linlithgow, in der Premierminister Tony Blair wegen seiner Unterstützung für den Krieg im Irak aufgefordert wird, "seine Position als Parteiführer zu überdenken", also zurückzutreten.

Blair, so Dalyell, "sollte als Kriegsverbrecher gebrandmarkt und nach Den Haag geschickt werden. Ich bin seit 41 Jahren Abgeordneter der Labourpartei im Unterhaus und ich hätte mir nie träumen lassen, so etwas über einen meiner früheren Parteiführer zu sagen. Aber Blair ist ein Mann, der sowohl das Unterhaus als auch das Völkerrecht verachtet. Das sind harte Worte. Aber sie sind weit weniger schwerwiegend als das Resultat eines Krieges, das die Konfrontation des westlichen Christentums mit dem Islam bedeuten könnte."

Sogar Partner der Anwaltskanzlei von Blairs Ehefrau Cherie Blair hätten den Krieg als "illegal nach dem internationalen Recht" eingestuft. Blair habe Präsident Bush ein "Feigenblatt" für den Krieg geliefert, was um so schlimmer sei, weil eine klare Haltung Großbritanniens gegen den Krieg "eine starke Wirkung auf die öffentliche Meinung der USA gehabt hätte" und so den Krieg hätte verhindern können.

Dalyell schloß seinen Kommentar mit den Worten: "So, wie sich Napoleon und Hitler im Schnee vor den Toren Moskaus wiederfanden, so könnten Blair und Bush feststellen, daß die größte Massenvernichtungswaffe, mit der sie es vor den Toren Bagdads zu tun bekommen, die Sonne ist. Es wäre weise, die Truppen jetzt zurückzurufen, bevor sie während der Belagerung der Stadt im Wüstensand gekocht werden. Das ist zwar vielleicht ein Gesichtsverlust. Aber die Karrieren von Bush und Blair haben wenig Bedeutung verglichen mit der Zerstörung der Umwelt und den Leiden des Militärs."

Über die Psyche von Blair und Bush

In einem Kommentar mit der Überschrift "Sind wir Zeuge von Tony Blairs Wahnsinn?" behauptete Matthew Parris in der Times vom 29. März ganz offen, der britische Premierminister sei verrückt geworden. Am folgenden Tag schrieb die Mail on Sunday, der Abgeordnete Tam Dalyell schließe sich dieser Einschätzung an: Blair zeige tatsächlich zunehmend Anzeichen von Wahnsinn. Dalyell meinte, kein anderer Labour-Premier der Nachkriegszeit hätte "uns in diesen leichtsinnigen Krieg" geschickt. Blairs Geisteszustand erinnere an die letzten Tage der Regierungszeit von Margaret Thatcher 1990, als diese offensichtlich aus dem Gleichgewicht geriet.

Vergleichbare Probleme auf der anderen Seite des Atlantiks behandelte am 30. März der Londoner Independent. Alexei Sayle verurteilt Blairs Idee, er könne Bush "eindämmen", indem er sich mit ihm verbünde. Falsch, meint Sayle; der einzig vernünftige Umgang mit einem "Süchtigen" bestehe darin, zu sagen: "Was Du tust, ist falsch, und wir werden es nicht mitmachen."

Sayle weiter: "George Bush ist das, was man einen ,trockenen Alkoholiker' nennt: Das ist ein Mensch, der mit schierer Willenskraft aufgehört hat, sich totzutrinken, aber die Gefühle wie Zorn, Unzulänglichkeit, Schmerz, die ihn dazu brachten, daß er sich zu Tode trinken wollte, nicht verarbeitet hat. So wird jeder Tag zu einem verzweifelten Kampf gegen den Drang zu trinken. Weil diese Menschen nicht mit sich im Einklang sind, machen diese inneren Kämpfe sie äußerst schwankend im Verhalten, streitsüchtig und launisch." Um zu versuchen, seine Stimmung zu ändern, werde der "trockene Trinker" meist süchtig nach anderen Dingen wie "extreme Fitnessübungen, zwanghaftes Einkaufen, rasende sexuelle Abenteuer, fanatische Religiösität oder exzessives militärisches Abenteuertum und imperialer Expansionismus". Bush sei der klassische Fall des "unbehandelten Süchtigen, der mit aller Gewalt nüchtern bleiben will, aber ständig wütend ist und sich an äußeren Dingen aufrichten will".


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