| November 2001: |
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Die folgende Erklärung wurde an Institutionen versandt und als Flugblatt in der Bevölkerungszentren Baden-Württembergs verteilt.
Im Bild Helga Zepp-LaRouche, Autorin des Flugblatts.
In Deutschland werden zur Zeit schicksalhafte Entscheidungen getroffen, ohne daß darüber angemessen informiert und in der Öffentlichkeit auch nur annähernd angemessen über die Konsequenzen dieser Entscheidungen diskutiert würde.
So wurde erst am 21. und 22. Oktober durch entsprechende Artikel in der Frankfurter Allgemeinen — wohlgemerkt, nicht durch Verlautbarungen der Bundesregierung -- bekannt, daß der Generalinspekteur der Bundeswehr. General Harald Kujat. bereits am 9. Oktober in Berlin eine Konferenz mit hochrangigen Militärs abgehalten hat. auf der er diese über die Pläne der USA informierte. Deutschland mit größeren Truppenverbänden an einer "horizontalen" Ausweitung amerikanischer Mililäroperationen — offensichtlich in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens — zu beteiligen. Dabei wurde deutlich, daß man sich auf mehr einstellen müsse als "nur" den Einsatz von Sanitäts- und Logistiktruppen sowie Einheiten zum Schulz gegen atomare, biologische und chemische Kriegführung mit dem Spürpanzer "Fuchs".
Als Optionen für möglicherweise einzusetzende Verbände der Bundeswehr wurden genannt: das Kommando Spezialkräfte (KSK). Fallschirmjäger aus der Division Spezielle Operationen (DSO). Gebirgsjäger, Verbände der Luftwaffe und Marine sowie gepanzerte Verbände bis hin zu Brigadegröße. Die Bundeswehr müsse sich außerdem darauf einstellen, "langfristig Defizite in den amerikanischen Streitkräften ausgleichen zu müssen". Als mögliche Länder, in denen es zu einem Einsatz dieser Kräfte kommen könnte, wurde "vor allem" der Irak, aber auch Syrien und der Sudan genannt.
Es müßte eigentlich allen Beteiligten bewußt sein, daß eine Ausweitung des Krieges über Afghanistan hinaus in den Nahen und Mittleren Osten katastrophale Konsequenzen haben wird. Eine akute Gefahr wird sein. daß die Empörung der islamischen Bevölkerung sich nicht nur gegen den Westen richtet, sondern daß auch modarate arabische Regierungen z.B. in Jordanien, Saudi-Arabien und Ägypten gestürzt werden könnten. Schon jetzt ist die Lage in Pakistan extrem gefährlich: Vor allem die jüngeren Offiziere sehen die plötzliche Wendung General Musharrafs gegen die Talibanals Verrat an den Glaubensbrüdern. Wenn Musharraf sich nicht halten kann. was durchaus wahrscheinlich ist, wenn der Krieg in Afghanistan nicht sehr schnell beendet wird, besteht die akute Gefahr eines Krieges zwischen Indien und Pakistan — zwei Mächten, die im Besitz von Atomwaffen sind!
Unter diesen Umständen kann die ganze islamische Welt in Aufruhr geraten, einschließlich Südostasiens, ganz Zentralasiens und der von Muslimen bewohnten Gebiete in Rußland. Dann hätten wir genau den "Krieg der Zivilisationen", der von Geopolilikern wie Samuel Huntington und Zbigniew Brzezinski seit langem propagiert wird. Es wäre der Rückfall in die Barbarei — im globalen Rahmen. Aber was anderes wollen denn Leute wie der ehemalige CIA-Chef Woolsey, der davon spricht, daß wir einem "hundertjährigen Krieg" entgegensehen, oder der republikanische Kongreßabgeordnete Buyer aus Indiana. der vorschlägt, Atombomben auf die Höhlen der Taliban zu werfen?
Gehen wir zum entscheidenden Ausgangspunkt zurück: Bis heute gibt es, wie US-Außenminister Colin Powell selbst eingeräumt hat, keine gerichtlich verwertbaren Beweise, daß hinler den Anschlägen vom 11. September talsächlich Bin Laden und die Al-Qaida-Organisation stehen. Statt dessen gibt es jede Menge von Widersprüchen und Ungereimtheiten in Bezug auf die Liste der mutmaßlichen Attentäter. Viele Experten aus dem Sicherheitsbereich in Europa oder Rußland stimmen Lyndon LaRouche zu, daß Präzision und eingesetzte Fähigkeiten bei den Anschlägen keinen anderen Schluß zulassen, als daß kriminelle Elemente aus dem Geheimdienst- und Mililärbereich in den USA selbst beteiligt waren, und daß gegenwärtig ein noch nicht abgeschlossener Putschversuch gegen die Regierung und die Verfassung der Vereinigten Staaten im Gang ist.
Angesichts einer so komplexen Situation und solch weitreichender und gefährlicher Konsequenzen eines deutschen Militäreinsatzes, wäre es das Gebot der Stunde in Deutschland gewesen, zunächst einmal die kompetentesten Fachkräfte aus Militär, den Diensten und anderen relevanten Institutionen zusammenzuziehen und eine gründliche und schonungslose Lageanalyse ohne Denkverbote vorzunehmen. Statt dessen trat die rot-grüne Regierung eine beispiellose Flucht nach vorn an. Schröder wiederholt immer wieder die Formel von der "uneingeschränkten Solidarität mit Amerika". Der vorauseilende Gehorsam schlug so viele Purzelbäume, wobei das Gehirn in solch arge Turbulenzen geriet, daß es seine eigentliche Funktion nicht mehr auszuüben in der Lage war.
Kriegseinsatz der materiell ausgetrockneten Bundeswehr rund um die Welt? Kein Problem für Leute, die noch vor kurzem die Bundeswehr heruntergemacht haben! Über Nacht löst sich ein in fünf Nachkriegsjahrzehnten einstudiertes Tabu in Wohlgefallen auf. Und siehe da. das Lob aus dein Mund des stellvertretenden US-Außenministers Richard Armitage läßt nicht auf sich warten. Dieser ist der Geisteszwilling des stellvertretenden Verteidigungsministers Wolfowitz. der als Kriegsziel die "Auslöschung mehrerer Staaten" nannte. Flugs lobte Armitage Schröders Angebot der Bereitstellung "robuster militärischer Kraft" als "absolut erstklassig". Wohlgefällig meinte er: "Deutschland ist wirklich aus dem Schatten seiner Vergangenheit herausgetreten." Wirklich? Es stellt sich in der Tat die Frage, ob Schröder die ganze Dimension all dessen überhaupt überblickt?
Tatsache ist, daß das globale Finanzsystem. das bereits vor dem 11. September in seine endgültige Zusammenbruchsphase eingetreten war, am Ende ist. Daran werden auch all die "Stimulierungspakete" a la Japan nichts ändern, die jetzt in den USA aufgelegt werden. Und im Gegensatz zur Lage, die F.D. Roosevelt in den 30er Jahren vorfand, sind heute die realwirtschaftlichen Kapazitäten gar nicht mehr vorhanden, die die Voraussetzung wären, um die Krise durch ein großes Aufrüstungsprogramm zu überwinden, wovon offensichtlich einige Kreise in Politik und Wirtschaft heute träumen.
Auch wenn es im Augenblick ganz anders auszusehen scheint, in Wirklichkeit bedeutet der gegenwärtige Feldzug in Afghanistan - und das, was danach geplant ist " das Ende der anglo-amerikanischen Dominanz in der Welt. Was alle Welt wußte — nicht zuletzt das sowjetische Militär, das trotz seines langjährigen Großeinsatzes in Afghanistan keinen Blumentopf gewinnen konnte -- den Admiral John Stufflebeem vom Pentagon scheint es zu überraschen. Er meinte nach fast drei Wochen Krieg, er sei "ein bißchen überrascht", wie widerstandsfähig die "harten Krieger" der Taliban doch sind. (Auch deutsche Gebirgsjäger könnten im Hindukusch nichts ausrichten.) Der Verlauf des Krieges in Afghanistan beweist, daß die anglo-amerikanische "neue Weltordnung" in einer ähnlichen Weise überdehnt ist, wie dies Napoleons Imperium bei seinen Feldzügen in Spanien oder Rußland auch war.
Was ich hier schreibe, hat nichts, aber auch gar nichts mit Antiamerikanismus zu tun. Ich bin mit einem Amerikaner verheiratet, der die großartige Tradition Amerikas — Benjamin Franklin, die Gründerväter, Abraham Lincoln, Franklin Roosevelt, Kennedy und Martin Luther King — verkörpert. Ich hoffe im wirklichen Interesse Amerikas und der übrigen Welt nichts mehr, als daß Amerika zu dieser Tradition zurückfindet, weil ich befürchte, daß, wenn Amerika dies nicht tut, die gesamte westlich-christliche Zivilisation auf dem Spiel steht.
Der wirkliche Hintergrund für die Ereignisse des 11. September liegt in der globalen, systemischen Finanzkrise. Erst wenn diese durch ein neues Bretton Woods-System überwunden ist und die Welt sich im Rahmen der Eurasischen Landbrücke dem Wiederaufbau der Weltwirtschaft zuwendet, wird die Dynamik zu Krieg und Chaos aufhören.
Was wir deshalb dringend brauchen, ist eine offene Debatte über diese existentiellen Fragen — und zwar ohne Denkverbote! Oder wollen wir darauf warten, daß nach einem Dritten Weltkrieg die Generation von 2068 dann wieder fragt: "Was habt Ihr eigentlich damals gemacht?" Unsere Zukunft und die unserer Kinder und Enkel steht auf dem Spiel. Und niemand, niemand nimmt uns die Verantwortung dafür ab.
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